Beim Pferde unterscheidet man bis zu 9 verschiedene Subtypen sogenannter equiner Herpesviren (EHV), die vor allem Infektionen der oberen Atemwege auslösen, aber auch andere Organsysteme betreffen können. Über die sogenannte Tröpfcheninfektion gelangen die Viren über die Nüstern in das Tier. Da sie weltweit verbreitet sind und vielerorts endemisch, kommt es häufig zu Reinfektionen. Klinisch manifestiert sich die Erkrankung der oberen Atemwege (Rhinopneumonitis) in der Regel nur bei Fohlen und Jährlingen, bei erwachsenen Pferden steht der Virusabort im Vordergrund. Herpesviren schwächen das Immunsystem und sind häufig Wegbereiter für Bakterien, es kommt zu sogenannten bakteriellen Sekundärinfektionen.
Ca. 80% aller Pferde infizieren sich innerhalb ihres ersten Lebensjahres mit Herpes und bleiben lebenslang Virusträger. Unter Stress (z.B. Turnier, Stallwechsel, Krankheit) kommt es zur Reaktivierung der Viren. Ist der Infektionsdruck zu hoch, erkrankt das Tier.
Folglich ist das Ziel der Impfung, die Virusausscheidung zu reduzieren, Neuinfektionen zu minimieren und idealerweise die Infektionskette zu unterbrechen.
Die Impfung gegen EHV nimmt eine Sonderstellung ein, da sie nicht den Anforderungen an klassische Impfstoffe genügt. Sie dient daher nicht der Unterdrückung einer Infektion bzw. der Abmilderung von Symptomen, sondern viel mehr als Hilfsmittel innerhalb eines Hygienemanagements. Nicht die Impfung des Einzeltieres, sondern des gesamten Bestandes ist demzufolge notwendig!
Für Turnierpferde ist die Herpesimpfung seit 01.01.2023 Pflicht!
Rhinopneumonitis (EHV-4, EHV-5, EHV-1):
Diese Erkrankung betrifft vor allem die oberen Atemwege (Rhinitis, Pharyngitis), kann sich aber unter Umständen auch als Lungenentzündung (Pneumonie) manifestieren. Nach einer Inkubationszeit von 2-10 Tagen kommt es zu hohem Fieber (bis 40,5°C), meist in Verbindung mit Husten, Nasen- und Augenausfluss. In der Regel heilt die Erkrankung nach 2 (bis 5) Wochen aus, wenn nicht bakterielle Sekundärinfektionen den Krankheitsverlauf verschlimmern.
Virusabort der Stuten (EHV-1, EHV-4):
Wenn sich tragende Stuten mit dem Virus infizieren, kann es zu einem Abort kommen, in der Regel im letzten Drittel der Trächtigkeit. Das Virus greift die Schleimhäute der Gebärmutter und Plazenta an, so dass der Fetus unzureichend mit Nährstoffen versorgt wird und abstirbt. Auch die Geburt lebensschwacher Fohlen, die meist innerhalb weniger Tage sterben, wird beobachtet.
ZNS-Störungen (EHV-1, EHV-4):
Bei der respiratorischen Verlaufsform der Herpesvirusinfektion kann es in schwerwiegenden Fällen zu neurologischen Ausfällen, einer sogenannten Enzephalomyelitis (Entzündung von Gehirn und Rückenmark) kommen.
Viruskeratitis (EHV-2):
Die Infektion mit dem EHV-2 kann eine Keratokonjunktivitis (Entzündung der Hornhaut und der Bindehäute) auslösen. Sie wird durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren übertragen.
Koitalexanthem (EHV-3):
Der sogenannte Bläschenausschlag bzw. das Koitalexanthem ist eine Genitalinfektion, die beim Deckakt übertragen wird. Er äußert sich als stecknadelkopf- bis erbsengroße Bläschen, Pusteln oder Erosionen des Scheidenvorhofes bzw. des Penis oder des Präputiums. Infizierte Pferde bleiben lebenslang Virusträger und müssen deshalb von der Zucht ausgeschlossen werden!
Equine multinoduläre pulmonale Fibrose (EHV-5):
In den letzten Jahren wurde EHV-5 als Auslöser einer intestitiellen, multinodulären Pneumopathie (equine multinoduläre pulmonale Fibrose) identifiziert und mehrere Fälle im deutschsprachigen Raum beschrieben.